
Wege aus dem Dilemma
Die Wahl zwischen Pest und Cholera
Führungskraft zu sein bedeutet, immer wieder Entscheidungen zu treffen, bei denen wir nur verlieren könnten, die Wahl zwischen Pest und Cholera zu haben. Mal laufen wir Gefahr, dass wir den Termin nicht halten können, oder das Budget wird gesprengt. Entweder verärgern wir unseren Chef oder unser Team. Wenn es dann ganz unglücklich läuft, sind alle sauer.
Selbstverständlich macht jeder einmal Fehler, und die eine oder andere Entscheidung stellt sich später als falsch heraus. Doch Dilemmas sind nicht die gelbe Karte für schlechtes Management. Im Gegenteil, Dilemmas sind die Eintrittskarte dafür, dass wir überhaupt am Management-Spiel teilnehmen können! Denn sowie wir mit anderen Menschen zusammenarbeiten – egal ob in der Firma, im Verein oder auch im privaten Umfeld – stehen wir unausweichlich Dilemmas gegenüber. Sie sind ein unausweichlicher Bestandteil einer jeden Organisation, eines jeden Unternehmens. Wir würden zwar gerne auf Dilemmas verzichten, können es aber nicht.
Wann ist ein Problem ein Dilemma
Es gibt viele Probleme, doch – glücklicherweise – sind nicht alle Probleme ein Dilemma. Nach Prof.em. Oswald Neuberger, Augsburg, wird ein Problem dann zum Dilemma, wenn vier Bedingungen erfüllt sind:
- wir zwischen Optionen entscheiden müssen: Es herrscht Handlungsdruck und wir können die Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben.
- Optionen gegeben sind: es geht nicht um irgendwelche hypothetischen Dinge, die eintreten könnten, sondern Optionen, die klar auf dem Tisch liegen.
- die Optionen gegensätzlich sind: die eine Option schließt die andere Option aus – und gleichzeitig brauchen wir beide Optionen
- die Optionen gleichwertig sind: Egal, wie Sie entscheiden, beide Entscheidungen sind gleich unattraktiv.
Es mag auf den ersten Blick sonderbar erscheinen, aber im Grunde genommen sollten Sie über Dilemmas froh sein. Denn diese sind in vielen Fällen die Daseinsberechtigung für Sie als Führungskraft! Wenn es nur Probleme nach Schema F zu lösen gäbe, wären Sie als teure Führungskraft überflüssig. Schema F kann die Praktikantin billiger als Sie, der Kollege Algorithmus demnächst sogar noch billiger.
Wenn wir also auf Dilemmas nicht verzichten können, dann sollten wir einen entspannten und intelligenten Umgang mit Dilemmas pflegen. Entspannt, indem wir akzeptieren, dass Dilemmas genau wie Wettbewerber sind: lästig und etwas, auf das man gerne verzichten würde, aber nun einmal etwas, was zum Leben in einer Firma einfach dazu gehört.
Werkzeuge zum Umgang mit Dilemma
Entspannt kann der Umgang mit Dilemmas dann werden, wenn wir in unserer Tool-Box möglichst viele Lösungsansätze für den Umgang mit diesen vertrackten Problemen haben. Glücklicherweise steht uns ein stattliches Repertoire an Werkzeugen zur Verfügung.
- Bei näherem Hinsehen erweist sich der vermeintliche Handlungsdruck bei erstaunlich vielen Dilemmas als gar nicht so groß wie zuerst gedacht. In diesen Fällen kann man das Dilemma getrost aussitzen. Wenn man sich vor Augen führt, dass es letztendlich viel anstrengender ist, sich mit dem Dilemma auseinandersetzen, als es bewusst auf die lange Bank zu schieben.
- In einigen Fällen wird es möglich sein, durch das Aufdecken weiterer Handlungsoptionen das vorliegende Dilemma als ein Scheindilemma zu enttarnen und damit aus der Welt zu schaffen. Dies wird zwar nicht immer gelingen, aber deutlich öfter als gedacht.
- In vielen Fällen werden wir das Dilemma pragmatisch in den Griff kriegen, in dem wir je nach Thema oder Zeitpunkt zwischen den Optionen hin- und herpendeln. Mal setzen wir auf Konkurrenz im Team, mal auf Kooperation. Statt uns grundsätzlich für das eine oder das andere zu entscheiden.
Das Leben als Führungskraft ist schon schwer genug. Erleichtern Sie sich Ihre Führungsarbeit, indem Sie die allgegenwärtigen Dilemmas intelligenter und entspannter angehen. Das haben Ihre Organisation und Ihre Mitarbeiter verdient – besonders aber Sie!