
Was ist ein Barcamp?
Mit diesem Artikel starten wir eine neue Serie von Blogbeiträgen. In dieser Reihe werden wir Steckbriefe zu den verschiedenen agilen Methoden veröffentlichen und beginnen mit dem Barcamp.
Was ist ein Barcamp?
Ein Barcamp wird auch „Unkonferenz“, Mitmach-Konferenz oder Ad-hoc-Nicht-Konferenz genannt, manche sagen auch: „ Die längste und produktivste Kaffeepause der Welt!“
Viele von uns kennen das: Man geht zu einer Konferenz, das Programm steht seit Monaten, die Organisator*innen haben sich sehr bemüht, spannende Referent*innen zu finden. Aber in dem Moment, wo man dort ankommt, sind die Themen vielleicht schon nicht mehr so ganz aktuell oder nicht mehr das, was die Teilnehmenden gerade interessiert. Deswegen werden bei einem Barcamp die Inhalte (Sessions/Workshops) von den Anwesenden selbst gefüllt!
Das Barcamp ist eine Veranstaltungsform, die es mit ihrer offenen Form allen Teilnehmer*innen ermöglicht, sich zu selbstgewählten Themen auszutauschen, sich kollegiale Beratung einzuholen, gemeinsame Aktivitäten zu planen oder ähnliches - fast alles ist möglich. Eine weitere Besonderheit des Barcamps: Es gibt keine Unterscheidung zwischen Referent*innen und Zuhörer*innen, alle sind aktiv beteiligt und es findet ein wechselseitiges Voneinander-Lernen statt. Jede*r Teilnehmer*in hat die Gelegenheit, sich selbst einzubringen, Themen zur Diskussion zu stellen oder Sessions/Workshops anzubieten.
Es gibt also vorab kein fertiges Programm wie bei ‚normalen‘ Konferenzen. Die Agenda entsteht am Morgen des Barcamps selbst und jede*r kann, darf und soll Diskussionen und Austausch über wichtige Themen mitgestalten. So kann jede*r Teilnehmer*in sowohl Vortragende oder Referent als auch Zuhörer*in sein. Dadurch entsteht ein spannender Dialog auf Augenhöhe, der für alle Beteiligten eine Bereicherung ist. Es geht um Austausch, Diskussion, gemeinsame Interessen und den Spaß an einem Themengebiet.
Es ist folglich kein geselliger Abend an der Bar, und es wird auch nicht gezeltet. Wie spannend, informativ und interessant die Veranstaltung wird, hängt vor allem vom Engagement der Teilnehmer*innen selbst ab. Das Barcamp ist das, was jede und jeder daraus macht!
Ablauf des Barcamps
Kurze Begrüßung: Der Tag eines Barcamps beginnt mit einer kurzen Begrüßung. Das übergeordnete Thema wird noch einmal umrissen und der organisatorische Rahmen und die Session-Zeiten für das Barcamp vorgestellt. Anschließend, je nach Größe der Gruppe, stellen sich alle mit zwei Sätzen einander vor.
Session-Planung: Jede*r, die/der ein Thema hat, über das er/sie sich gerne austauschen möchte, kann eine Session vorschlagen. Dazu erzählt man/frau beim sogenannten „Session-Pitch“ kurz, worüber man sprechen will, schreibt das Thema auf einen Zettel und klebt ihn an die Planungs-Pinwand. Per Handzeichen wird ermittelt, wie viele Teilnehmer*innen es für eine Session ungefähr geben wird. Entsprechend werden ein Raum und eine Uhrzeit zugewiesen. Es gibt so viele zeitgleiche Sessions wie Räume zur Verfügung stehen. So kann sich jeder Teilnehmende das eigene, individuelle Programm für den Tag gestalten.
Sessions: Workshops, Vorträge, Diskussionen: Nachdem alle Sessions vorgestellt und verteilt wurden, beginnen die Workshops mit einem ersten Impuls oder der Diskussion. Die folgenden Stunden sind für die Sessions in den verschiedenen Zeitfenstern eingeplant. Oft wird für eine Session ein zeitlicher Rahmen von 45 - 60 Minuten vorgesehen, bei umfangreichen Themen kann dieser aber auch verlängert werden.
Ein wichtiger Aspekt der Barcamp-Methode ist, dass die Teilnehmer*innen alle gleich behandelt werden: Keine Hierarchien, keine Bevorzugungen. Ob nun Expertin oder Experte in einem Bereich oder Neueinsteiger*in, der/die über ihre/seine Meinung zu einem Thema sprechen möchte: Jede und jeder hat die Chance, auf Augenhöhe miteinander zu sprechen und sich auszutauschen. Dadurch wird es häufig möglich, dass völlig neue Ansichten und Blickwinkel angesprochen werden, die ansonsten vielleicht untergegangen wären.
Barcamp Regeln
Die wohl wichtigste Regel lautet: Das Gesetz der zwei Füße. Wer in einer Session nichts mehr beitragen kann oder nichts Neues mehr lernt, bewegt sich dank seiner beiden Füße einfach in den nächsten Session-Raum.
Flexibilität - Wer während einer Session feststellt, dass diese nicht das Thema bereithält, was sie/ihn interessiert, kann den Raum jederzeit verlassen und zu einer anderen Session wechseln. Es laufen immer mehrere Sessions parallel.
Alle sprechen über das Barcamp - Das Barcamp lebt von Kommunikation. Also sollte auch jede*r darüber berichten, bloggen, twittern...
Keine Zuschauer*innen, nur Teilnehmende - Zurücklehnen und Zuhören gibt es nicht, es geht um Diskussion und Austausch. Die Sessions sind so spannend, wie die Teilnehmenden sie gestalten.
Geplant ungeplant - Es gibt keine feste Tagesordnung (vom Rahmenprogramm abgesehen). Der Konferenzplan entsteht erst durch die Teilnehmenden. Wenn jemand ihr/sein Thema nicht findet, kann sie/er es selbst einbringen und vorstellen.
Gleichberechtigung! - Jede*r kann die Themen mitbestimmen und sich in den Diskussionen einbringen. Alle treten gleichberechtigt mit allen anderen auf.
Keine Scheu - Auch unreife Ideen, Konzepte und Gedankenanstöße können für eine Session wertvoll sein. Die Vernetzung beim Barcamp und die Diskussionsrunden helfen das Thema reifen zu lassen.
Mitmachen! - Jede und jeder trägt zum Erfolg des Barcamps bei.
Bildquelle: Anna Kühr, 2020